Vittore Carpaccio
"Studi dal vivo e dal non piú vivo": Zu Carpaccios Passion-Christi-Bildern mit Hiob, in Journal of the Metropolitan Museum of Art New York vol. 41, 2006, 75-90
Hinter dem vollendeten Werk verbirgt sich ein vielfältiger Entstehungsprozess. Dieser wird exemplarisch an zwei Gemälden Carpaccios aufgezeigt: der Meditation über die Passion (Metropolitan Museum New York) und der Grabbereitung Christi (Gemäldegalerie Berlin). Quellen der Inspiration waren u.a. die alten Musterbuchmotive, die Carpaccio vor allem für die Tiere im Hintergrund verwendete. Gleichzeitig schuf Carpaccio Darstellungen des greisen Körpers, die zu den frühesten ihrer Art der Kunstgeschichte gehören. Für solche anatomisch ‚schwierige’ Motive, wie den nackten Oberkörper der sinnierenden Alten oder die Totenschädel und die verwesten Leichen hat Carpaccio auf Vorlagen zurückgegriffen, die er selbst durch ausführliches Naturstudium zeichnend vorbereitet hat. Auf einen Karton vergrößert, wurden diese dann mechanisch in verschiedene Bilder gepaust (siehe Abb. meiner übereinander gelegten Pausen nach jeweils zwei Gemälden). Solche ‚Versatzstücke’ sind patchworkartig zum Bild gefügt. Es entstanden so die für Carpaccio und einige seiner Zeitgenossen typischen, fast surreal anmutende Collagen „avant la lettre“.
Meditation über die Passion , ca. 1480-1505, Metropolitan Museum New York
Grabbereitung Christi, 1505, Gemäldegalerie Berlin